Sprache der Dinge – Language of Things

Materialität, Realität und Konfliktivität in Museologie, Archäologie und anderen dinglichen Wissenschaften / Materiality, reality and conflictivity in museology, archaeology and other material sciences


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MOOC & Archäologie? Ja! aber…. / MOOC´s and Archaeology? Yes! but….

Vor einiger Zeit begann ich auf Coursera einen Kurs zum Thema Universal Heritage. Da lagen schon mehrere gute Kurse zum Thema Vorgeschichte, Museum etc. hinter mir: Natürlich Archaeologys Dirty Little Secrets der unglaublichen Sue Alcock der Brown University und die MOMA-Moocs “Art & Inquiry. Museum Teaching Strategies for your Classroom” , zum Beispiel.

Recovering the Humankind´s Past and Saving the Universal Heritage” wurde von der Sapienza Universität Rom angeboten und versprach eine Einführung zum Thema Heritage und Archäologie in der heutigen Zeit sowie das Erlernen digitaler Techniken in Forschung und Bewahrung archäologischer Funde. Das klang mehr als verlockend, denn geht es nicht darum, uns als Wissenschaft neu zu positionieren, eine Stellungnahme anzubieten zum Thema Geschichte, Vorgeschichte, Relevanz? Und das alles in einem MOOC! Großartig. Ich war dabei. Und dachte an Themen wie Indigene Archäologien, Heritage für alle, das Zugangs- und Bestimmungsrecht über Geschichte und die Debatten darüber, was Heritage sein sollte und wo die Grenzen liegen – sei es in Deutschland wie im Fall der dresdner Brücke oder vielleicht in Lateinamerika wo Heritage auch eine Frage von Abstammung und Recht ist.

Leider stellte sich bereits sehr schnell heraus, dass es hier nicht um die brennenden Eisen der Geschichtswissenschaften gehen würde. Ein älterer Professor brachte statisch sitzend und besonders langsam sprechend sowie unterlegt mit powerpointartigen Photos echte Gemeinplätze zum Thema Heritage vor. Schon die Einführungswoche mit dem Thema Was ist Archäologie, wo kommt sie her etc. zeigte, dass ich meine wenige Zeit eventuell doch anders verbringen sollte als mit diesem Seminar. Denn in diesem Kurs kamen gleich am Anfang Aussagen wie diese: “Archäologische Objekte können nie eine Aussage an sich sein”. Ach, tatsächlich? Objekte sind also stumme Zeugen, denen nur der Archäologe etwas entlocken kann? Ich glaube, ich habe die letzten Jahre einfach die falschen Bücher zum Thema Materialität gelesen. Dass Objekte und Materialität ein ganz eigenes, mit dem unseren verwobenes “Leben” haben – ich dachte, DAS wäre mittlerweile ein Gemeinplatz. Ist es aber wohl nicht. Deshalb möchte ich hier noch einmal Leseempfehlungen aussprechen:

Hahn, H.-P., 2014: Materielle Kultur. Eine Einführung. Reimer Verlag.

Hodder, I., 2012: Entangled. (Habe hier drüber geschrieben.)

Hodder, I. (Hrsg), 2011: The Meanings of Things.Material culture and symbolic expression. Revised edition. Routledge.

Oder, wenn es ganz schnell gehen soll, gerne auch nur die wenigen Seiten in der letzten Auflage von Eggerts “Prähistorische Archäologie. Konzepte und Methoden.”, 2012, Seite 305 – 318.

Wer Materielle Kultur als schweigendes Zeugnis ansieht, bei dem kann auch Heritage und all die komplexen Fragen hierbei nicht wirklich schwierig vorkommen. Logisch, oder? Da restauriert man und gibt es zurück an die Menschheit. Fertig ist die Laube! (Entschuldigung, ich verkürze und pointiere natürlich.)

Ganz ähnlich, aber auch ganz anders erging es mir mit dem MOOC zu Paläoanthropologie, der schick gemacht und sehr spannend war. Reisen nach Südafrika, in Labore, viele Interviews mit Forschern zum Thema und besonders wichtig, wie ich fand: WARUM machen diese Menschen, diese Forscher, das? Warum haben sie sich dafür entschieden, wie sind sie dazu gekommen und warum sind sie dabei geblieben? Brennende Fragen, denn sie rühren ja an das Grundthema von Wissenschaft: Warum mache ich das? Warum nehme ich viel Arbeit, und ja, auch Entbehrungen auf mich? Es war sehr spannend, Intervierws dazu zu hören. Mit Wissenschaftlern, mit Studierenden.

Wie sich in den Interviews herausstellte, war der Abenteuerfaktor ein großes Thema. Dass es so toll wäre, rund um die Welt zu reisen und spannende Dinge zu tun. Und ich bin mir ganz sicher, dass das für uns alle ein großer Faktor ist. Aber es gibt auch andere Gründe. Gründe, die unsere Forschung für viele Menschen zu einem Thema machen (können). Gerade bei der Erforschung der ersten Menschen steckt soviel drin! Hier kam es leider sehr wenig zur Sprache, bzw. es wurde wenig nachgefragt und hinterfragt. Ebenso wie das möglicherweise kontroverse Thema „Nordamerikanische Forschung in einem afrikanischen Land“. Interviewt wurden nämlich fast ausschließlich weiße, nordamerikanische Forscher. Die dann in Südafrika eine Forschung durchführen. Also, selbst als Laie würde ich sagen, da steckt einiges an Konfliktpotential drin, selbst wenn man mal Themen wie Kreationismus und Bibelgläubigkeit oder Koranfestigkeit außer acht lässt, die sicher auch kontroverse Debatten zum Thema „Hominiden“ bieten.

Ich war doch erstaunt war, dass diese Themen komplett ausgespart wurden. Das war allerdings auch schon bei ADLS aufgefallen und ich frage mich: lassen die Universitäten hier Themen aus? Gibt es Themen, die ausgespart werden, weil sie zu kontrovers sind? Oder ist es eine Art Selbstzensur der beteiligten Wissenschaftler? Wer als Forscher*in in Ägypten, Jordanien, der Karibik zu tun hat, dem glaube ich nicht, dass da keine Erfahrungen sind. Und Meinungen. Diskurse.

Und darum finde ich mittlerweile: MOOCs und Archäologie – unbedingt. Bitte! Viel davon, in verschiedensten Facetten! Aber bitte, nicht die schwierigen, kontroversen Fragen aussparen. Finanzierungen, Streits um Deutungshoheit, all das sollte auch mal vorkommen dürfen. Hier möchte ich ganz deutlich sagen, dass ich es immer wieder und immer noch sehr wichtig finde, dass wir auch diese Themen, die sich ja aus unserer Geschichte und Forschungsgeschichte ergeben, auch angehen. Dass wir sie erwähnen und die momentan dazu im Raum stehenden kontroversen Ideen erklären und weiterführen. Das ist unangenehm und es kann sehr sehr anstrengend sein – gerade wenn die Gegenseite, Laien, indigene Gruppen, werauchimmer, darauf auch kontrovers antworten und tatsächlich eine MEINUNG zu unserer Forschung haben. Aber genau darum geht es: um Kommunikation. Und das ist keine Einbahnstraße.

MOOCs zum Thema Archäologie und angrenzenden Gebieten in den letzten 12-15 Monaten:

Sapienza University of Rome on Coursera: Recovering the Humankind´s Past and Saving the Universal Heritage

University of Buckingham on Iversity: Stonehenge.

ZEIT-Akademie: Archäologie

University of Wisconsin on Coursera: Human Evolution: Past and Future.

Brown University on Coursera: Archaeology´s Dirty Little Secrets

 ENGLISH VERSION

Some time ago, I started a course on the topic of Universal Heritage at Coursera. This was at a point when  I had already passed through several good MOOCs on the topic of prehistory, museums and archaeology.: of course Archaeologys Dirty Little Secrets of the incredible Sue Alcock of Brown University, and the MOMA-Moocs “Art & Inquiry. Museum Teaching Strategien for your classroom”.

This specific MOOC, “Recovering the Humankind´s Past and Saving the Universal Heritage”, was presented by the Sapienza University of Rome and promsied to be an introduction on the topic of Heritage and Archaeology in modern times as well as tools for learning digital techniques in the investigation and preservation of archaeological finds. That sounded very promising. All these topics together in one MOOC: Heritage, preservation, techniques, prehistory. What came to my mind was: Indigenous Archaeology, Heritage for everybody, the access and interpretation of Prehistory and the debates about what heritage exactly is and what it could or should be. And what its limits are – be it in Germany in the case of the bridge in Dresden or maybe in Latinamerica where Heritage includes questions of descendance and birthright.

Unfortunately, I never made it to the “technical” section of the MOOC because the first sessions started with an introduction held by an elderly professor who stated, slowly speaking and with a background of powerpoint-y photos such common place enunciations about arcaheology and heritage that I decided to leave it right there. Because of phrases like: “Archaeological objects can never be a statement in themselves”. Oh, really? Objects are silent witnesses, then, and only an archaeologist might get something out of them? It seems that I´ve read the wrong books on materiality lately. That objects and materiality lead their own life, intertwined with ours, I thought that would be common place. Seems, it is not. And who sees material culture as silent witness, perceives heritage and all the complex issues associated with it as one simple thing: restaure it (HOW? WHY?), give it back (To WHOM?) – and that´s it! (I am sorry, I really DO abbreviate here.).

Similarly, although in a different way, was the experience with the MOOC on Paleoanthropology, offered by the University of Wisconsin, that was very well made and included a wide range of fascinating topics. Travelling to South Africa, visits to excavations, interviews with actual paleoanthropologists! Information on the evolution of humans! Laboratory time! And, what impressed me most was: the MOOC put an emphasis on personal experiences. Why do all these people work as paleoanthropologists? What lead them to choose this career? Why did they go on? Arduent questions because they touch the bases of scientific research: Why do I do this? Why do I spend so much time and energy on it? It was absolutely fascinating to go through these interviews with scientists and students. In the end, it turned out that the “adventure factor” was a major topic for all of them. That it´s so great to travel round the wourld and do exciting, adventurous things. And I am sure that this is a major thing for all of us. But there area other reasons as well. Reasons that (can) make our investigation a relevant topic to many other people. And the evolution of humanity is such a fascinating topic! But I would have been happy to see other subjects covered as well.

In all these interviews, as in all other MOOCs as well, controversial topics were ignored. This focus on rather “pleasant” topics in a MOOC has been present in every single one of them. Controversial subjects are being left out completely. Is this part of the official idea of doing a MOOC? Are the universities involved or is it the scientists themselves that exclude these topics in order to create a more “harmonious” MOOC? I assume that investigators working in countries like Egypt, Jordan, South Africa or the Caribbean have some opinions on controversial archaeological subjects in their study regions?! There have to be experiences, opinions, discourses? And that is why I came to think about MOOCs and Archaeology as a complicated subject.

Archaeology & MOOCs – great! But please, don´t exclude controversial topics. Let´s be more open about the subjects that concern scientists and other people alike. Let´s face difficult questions on participation as well, not only the nicer, more adventurous subjects. Problems of financiation, the power and access to interpretation – all these should have their own space in the MOOCs as well, among others. These topics, that accompany Archaeology for as long as it exists should have a right to appear and to be discussed in MOOCs. Especially there, because of their open and interactive online nature! Why don´t discuss the controversial ideas as well as the “harmonious” ones? Yes, this can be more unpleasant and time consuming than just talking about our latest adventure in the jungle, but it may be more fructiferous, as well. Many people have opinions on archaeology. And we can learn how to listen to them and interact. Because this is the point: communication! This is not a One-Way Road.

MOOCs on Archaeology and similar topics in the last 12-15 months, partially covered in this blog:

Sapienza University of Rome on Coursera: Recovering the Humankind´s Past and Saving the Universal Heritage

University of Buckingham on Iversity: Stonehenge.

ZEIT-Akademie: Archäologie

University of Wisconsin on Coursera: Human Evolution: Past and Future.

Brown University on Coursera: Archaeology´s Dirty Little Secrets

 

 

 


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Geschichte allerorten / History at every pace

Natürlich sind alle Orte, die wir betreten, mit Geschichten durchzogen. Diese Alltäglichkeit von Geschichte führt ja dazu, dass wir uns heimisch fühlen, wenn es positive Geschichten sind – oder unangenehm wenn es negative Geschichten sind, seien es nun persönliche oder gesellschaftliche. Allerdings denken wir nicht alltäglich daran, sondern haben eher ein Gefühl, gerade wenn es sich um Alltagsorte handelt die wir oft betreten und deren Alltäglichkeit dazu führt, dass wir sie eher als Statisten und Bühnenbild wahrnehmen und nicht als Ding an sich.

Museen sind ja Stätten, die den Alltagsobjekten die Möglichkeit geben als Symbol über sich selbst “hinauszuwachsen” oder, umgekehrt, einen Anstoß für eigene Geschichten zu geben. Aber Landschaften, Gebäude, Straßenzüge – das sind keine Dinge die ins Museum passen. Ihre Alltäglichkeit und das Immer-Da-Sein machen sie fast unsichtbar.

In den letzten Jahren habe ich immer wieder gesehen, wie Landschaften, Gebäude, Straßenzüge aus dieser Alltäglichkeit herausgenommen werden – und zwar durch Abbildungen, Fotos, Zeichnungen, die genau diese in anderen Zeiten zeigen. Soweit ich weiß, ist das in Berlin häufig zu finden, und auch an anderen Orten habe ich es schon gesehen.

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Fotos von dem Ort, an dem man gerade steht, vor 30, 60, 100, 300 Jahren – immer verbunden mit der Frage, die dann ganz automatisch aufgeht: was war anders? Der Geist vergleicht, sieht auf die Unterschiede in Architektur und Technik. Wer noch etwas geschichtsbegeisterter ist, kann eventuell sogar politische oder gesellschaftliche Ereignisse zu den Jahreszahlen unter den Bildern assoziieren. Das Besondere daran ist, finde ich, dass diese Abbildungen aber nicht in einem musealen Raum gezeigt werden, den wir mit einer bestimmten Erwartungshaltung betreten, sondern wie in unserer medialen Gesellschaft üblich “einfach so”, nebenher. Als Begleitung auf dem Weg, beim Warten auf die Bahn, auf die grüne Ampel.

Ausstellungen an Bauzäunen sind ja seit mehreren Jahren ein Dauerbrenner, Google zeigt hierfür mehr als 6 Seiten Einträge. Bauzäune in allen Formen und Farben, meist als “temporäre Ausstellung” genutzt. Mit Künstlern, Infos, Fotos, Geschichte, Werbung. Der Bauzaun als Gratis-Werbe- & Infofläche aller Art ist seit Jahren ein Dauerbrenner. Und einmal hatte ich hier schon über die Zwischen-Ausstellung mit historischen Portraitfotos am Bauzaun des neuen berliner Schlosses berichtet (Spree Side Gallery), auch der seit Jahren bestehende Bauzaun der neuen U-5 in Berlin ist ein gutes Beispiel dafür. Reklamefläche in groß, gefüllt mit Infos, Unterhaltung und historischen Fakten.

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Im Gegensatz zu den Ausstellungen am Bauzaun sind historische Abbildungen  etwa an einer U-Bahn-Station oder einer Hauswand eine dauerhafte Einbettung in die Umgebung. Die Pressestelle der BVG sagte auf Anfrage dazu: “Auf den denkmalgeschützten Bahnhöfen werden, in Abstimmung mit der Denkmalbehörde, die Werbetafeln durch historische Abbildungen ersetzt. Die Auswahl der Fotos bezieht sich auf das nahe Umfeld der Bahnhöfe und soll einen Bezug zu dem heutigen Stadtbild und dem historischen Stadtbild herstellen.” ich würde mal sagen: es funktioniert! Und diese Bilder führen dazu, dass Menschen kurz innehalten und einen Gedanken daran verschwenden was früher war, sich kurz oder auch länger zeitlich, geschichtlich verorten. Kinder stellen Fragen dazu, Erwachsene lassen sich in der Zeit treiben. Viele schauen auf das offensichtlich Andere: Pferdekutschen, andere Kleidung, andere Häuser. Andere sehen die Ähnlichkeiten, stellen fest dass manche Gebäude die gleichen geblieben sind. Dass man vielleicht gerade direkt davor steht, vor dem einzigen noch originalen Gebäude einer 200 Jahre alten Abbildung. Es ist eine kleine Chance, sich selber im Lauf der Zeit zu verorten. Darüber nachzudenken was war und was ist – und was eventuell sein wird.

Auch wenn historische Abbildungen vielleicht nur eine mediale Berieselung sind und keine Sache, die man wirklich jetzt “erziehungstechnisch” einsetzt – der Effekt ist doch vorhanden. Wir denken nach. Ein Anfang!

Historische Photos Berolinahaus Berlin Alexanderplatz sprachederdinge blog

Historische Photos Berolinahaus Berlin Alexanderplatz sprachederdinge blog

Historische Photos Berolinahaus Berlin Alexanderplatz sprachederdinge blog

Historische Photos Berolinahaus Berlin Alexanderplatz sprachederdinge blog

ENGLISH VERSION

Of course, every place we step on is laden with history. This ubicuity of history is what makes us del “at home” at certain places, when its positive histories we are associating with a given place – and makes us feel uncomfortable if these histories are negative ones, be they personal or concerning the whole society. But we are not constantly thinking of this history surrounding  us, especially when we are confronted with everyday places that we wander every day. this prosaicness makes us think of history as a stage setting or an extra. And not as the THING it actually is.

Museums are places that offer the possibility to present everyday objects as symbols. In this context they can be “more” than just themselves, they can offer the opportunity to get our own history in a context. But landscapes, buildings, streets – these are no objects that would fit into any museum. Their prosaicness and their “Being – continually – there” make them almost invisible to the everyday eye.

In the last years there have been several times that I saw how landscapes, buildings, streets, have been removed from this ubiquity  – using paintings, photographies and drawings that show just these landscapes or buildings in other, past times. as far as I know this is a recurring phenomenon at Berlin and I´ve seen it at other cities as well. Images of the places that you are standing right now: images from 30, 60, 100, 300 years ago.

and theres a question that rises almost automatically: what was different then? Our mind starts comparing: differences in architecture, people, fashion. If you are even more interested in history you might even associate some political or societal events with the dates mentioned at the images. The special thing about this is, that these are not part of a museal presentation of objects, they are not part of some surrounding where you are supposed to learn something, to get educated. Rather, they are just with us, accompanying us at a moment when we are waiting for the lights to change to green, for the metro to arrive.

Expositions at building fences are a major thing for some years now, German Google has more than 6 pages of entries on this topic. Building fences in every form and shape and color, mostly being used as “temporary expositions”. They sport artists, information, photos, advertising. The building fence as a free place for information and advertisement – that has been common knowledge for some years now. And I even mentioned the temporary exposition of photographies at the building site for the New Berlin CAstle (Spree Side Gallery) – the building fence of the new metro in the centre of Berlin is another excellent example. Advertisement for the building, the architect, filled with photos and information on the history of the place.

But on the contrary to these examples historical images in a metro station or at a building are being constant. They accompany us for a much longer time frame. And they make people stop, think things over, get them to locate themselves in the river of history, have a look at their position in order to other centuries. You may stop for some seconds or for a longer time. Children ask about the things they see at the image, adults drift dreamily through the times. Many look at the obvious: the buildings that changed  – or not. That maybe you are standing just in front of the only remaining building of the image. Its an opportunity to see yourself as related to past and future. To think about what was and what may be. And even when historical images could count as “only” a new form of media and not something you use to educate people – its the same thing. We start to think, and thats always a good start.

 


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Stonehenge MOOC bei Iversity: ein gemischtes Vergnügen / The Stonehenge MOOC at Iversity: mixed feelings.

Die Wahrheit über Stonehenge von Schebacca!

und von FishDish!

https://twitter.com/fishisthedish/status/574487343043862528

Die Fotos oben zeigen, dass Stonehenge in unserem kulturellen Gedächtnis GANZ weit oben steht. Weiter oben als das Forum Romanum und wahrscheinlich genausoweit wie die Pyramiden. Witzchen, Fotos, Weiterverarbeitung von Stonehenge in unserem Alltag sind immer da und werden von jedem verstanden. Faszinierend. Es gibt sogar ein Stonehenge-Spiele-Set, das ich unserem Hausflur fand. Gesellschaftsspiele mit Druiden und Sarsensteinen… dazu gehört schon einiges an Popularität.

In den letzten beiden Monaten habe ich einen MOOC bei Iversity.org belegt – einem Anbieter von MOOCs bei dem ich vorher noch nie unterwegs war. Gratis, wie viele MOOC-Anbieter, und interaktiv. Der Kurs zum Thema Stonehenge kam mir gerade recht, denn Stonehenge ist ja, wie gesagt, als eins DAS der bekanntesten archäologischen Zeugnisse weltweit natürlich geradezu prädestiniert dazu, etwas über die Vorgeschichte und ihren Einfluss auf unsere heutige Gesellschaft und ihren Umgang mit der Vorgeschichte zu sagen. Was auch eines der Ziele und  Anspruch des Kurses war: die gesellschaftlichen Umgänge mit Stonehenge und unseren persönlichen Zugang dazu kennenzulernen.

Generell ist es so, dass Iversity anders arbeitet als etwa Coursera. Die Aufteilung der Kurse ist nicht strikt in einen Video-Bereich, einen Materialien- und einen Chat-Bereich getrennt: hier gibt es Materialien, Videos, weiterführende Links und den Kontakt zu anderen Studierenden alles auf einer Seite. Video gucken und gleichzeitig die Fragen der Mitstudierenden lesen und durch weiterführende Medien scrollen? Kein Problem! Das war eine schöne Erfahrung, allerdings bietet Iversity im Gegenzug keine App, was für mich als Menschen mit wenig Freizeit schwierig ist. Ich sehr & höre meine MOOCs sehr gerne auf dem Arbeitsweg, zum Beispiel. Dafür brauche ich jedoch eine App, da mein Empfang gerade im ÖPNV teilweise sehr schlecht ist. Das ist für mich ein definitiver Nachteil.

Aber gut. Schau ich die Videos eben unregelmäßig abends zuhause, zumal sich dieser MOOC auch für sehr kurze Sequenzen (zwischen 2-3 Minuten) entschieden hat. Dies bedeutet, dass man relativ fix auf den Punkt kommt und es nicht lange dauert. Allerdings ist es immer von Nachteil wenn die Videos ins Hörsälen mit schlechter Akustik aufgenommen werden, mal ganz abgesehen vom unglaublichen Charme dieser weißgestrichenen Säle und Pulte. Geräusche von außerhalb des Hörsaals sind ebenfalls zu hören – das alles ist so mittelschön. Was man ebenfalls lernt (und das war nun schon in einigen MOOCs zu sehen) ist, dass die Büros der gefilmten Professoren nur so halb gemütlich sind. Heizungsrohre, schlechte Akustik, der Charme eines Toilettenhäuschens – da war schon alles dabei. Das mögen visuelle Nebensächlichkeiten sein wenn man wirkliche etwas LERNEN will, aber bei einem Video stört es eben doch. Nur scheint das noch nicht bei den Filmenden angekommen zu sein. Soweit also das Drumherum des Kurses.

Stonehenge bot zunächst eine Einführung in die Geschichte des Fundortes – und zwar sowohl der prähistorischen als auch der Forschungsgeschichte. Schön kurze Sequenzen, teils aus dem Büro und teils vor Ort (also in Stonehenge) gefilmt. Informatives über die Entstehung von Stonehenge, die landschaftliche Einbettung und die ersten und derzeitigen Forschungen. Der zweite Teil des Kurses bestand dann daraus, die diversen künstlerischen und gesellschaftlichen Kontexte, in denen Stonehenge aufscheint, zu zeigen und ihre Diversität darzustellen. Das wurde auch gemacht, denn über Lyrik, Musik, Architektur und Literatur war alles dabei. Auch die Bedeutung für einige neuere NEW-AGE-angehauchte Religionen wurde angerissen ebenso wie die Bedeutung des Tourismus.

Da blieb der Kurs jedoch leider stehen. Es ist schön zu wissen, dass die Beatles und Rolling Stones Stonehenge besucht haben und das diverse Künstler Stonehenge in ihrem Werk bearbeitet haben. Dass es eine Diskussion über die Ausstellung von Knochen im neuen Besuchercenter gibt. WARUM jedoch haben sie das getan? Welche soziokulturelle Funktion erfüllte der Fundort für die jeweilige Zeit? Wie ändert sich die Bedeutung des Fundortes oder gibt es mehrere, gleichzeitige, je nachdem wen man fragt? Antworten hierzu wurden entweder angedeutet oder erschlossen sich aus Nebensätzen. Symbol für Britannien – Symbol für die neue Ära des Wassermannes – Symbol für das, was Menschen gemeinsam erreichen können. Undsoweiter. Leider wurden sie jedoch nicht explizit angegangen. Nicht, dass ich hier eine stundenlange Abhandlung möchte, aber eine explizitere Wortwahl würde es auch tun. Oder das Einladen von Menschen, die eben eine andere Meinung zu Stonehenge haben als die den MOOC ausrichtende Universität von Buckingham.

Dieser Teil der “social Responses” wurde also zwar durchgezogen, aber so kurz gehalten dass man am Ende nichts weiter hat als einen Überblick über die einzelnen Werke und/oder Gruppen für die Stonehenge Bedeutung/en hat. Insofern ist “Stonehenge” zwar ein informativer Kurs gewesen, aber mehr als das eben auch nicht.

ENGLISH VERSION

The truth about Stonehenge:

and from FishDish!

https://twitter.com/fishisthedish/status/574487343043862528

The photos above indicate that Stonehenge occupies a major place in our cultural memory. Higher than possibly the Forum Romanum and at least as high as the pyramids. Jokes, photos and everyday versions of Stonehenge in our everyday life are commonplace. Everybody with a Western background gets what they are about. Its fascinating. There is even a Stonehenge-play that I found at our entrance door one day.

In the last two months I have been attending a MOOC at Iversity.org – a website offering MOOCs that I hadn’t previously tried out. Its free, as so many MOOCs are and very interactive. The course on Stonehenge sounded great because Stonehenge is, as I mentioned, one of THE most known archaeological sites worldwide. And its predestined to serve as a background when you want to get a message on prehistory and its influence on todays life & the arts across. Because that was one of the self declared goals of the MOOC: to show the ways modern society responded and interacted with the archaeological site of Stonehenge.

In a general way, Iversity works slightly different than Coursera (which I attend mostly). The course presentation has no clear cuts between the course videos, links and the contact area to other students. Here, its all in one. You may watch the video and have a look at the links and other materials, or chat with other students at the same time. Thats nice! But unfortunately Iversity doesn’t offer any app until now, so viewing the videos on my way to work is out of the question. Thats rather a backdrop for people who don’t have much time (like me) and like to have access to the videos whenever they get time to do this.

But well, I´ll see the videos at home at night, even more so because this MOOC decided to offer very short video sequences, about 2-3 minutes long instead of the usual 15-20 minutes. That means that Dr. Graeme Davis gets right to the point and concentrates on the essential. But its always a visual disadvantage if you shoot the videos at the auditorium at the  University where there´s always bad acoustics. And the unconvincing atmosphere of these white washed halls is another point. You hear everything from outside the auditorium, so all this is not very welcoming. What you´ll also learn (and I saw this at various MOOCs already) is that the offices of the lecturers are not very cosy as well. Heating pipes, bad acoustics, the charm of a restroom  – I have seen quite a few things up to now. These may be visual negligibilities if you want to learn something, but in a video these things are likely to deflect you from the content of the MOOC.

Stonehenge offered firstly an introduction of the history of the site – the evolution of the prehistoric site as well as a history of the investigations at Stonehenge and its surrounding landscape. The sequences have been filmed at the University as well as on site, and you’ll learn many things about the formation of Stonehenge, its landscape surroundings and the first and contemporary investigations. The second part of the MOOC consisted in presenting the various responses that evolved to Stonehenge, be it in the arts, architecture, literature and society in general. There was a wide diversity of responses and quite a few of them were presented in the MOOC – even the meaning it has for some New Age religions and the importance of tourism for the whole region.

But that was where the course stopped. Unfortunately. Its nice to know that the Beatles and the Rolling Stones visited Stonehenge and that various artists used Stonehenge in their art or used it as an inspiration. And its cool to know that there was a lively debate on the exposition of prehistoric human bones at the new Stonehenge visitor center by Neo-Druid-inspired groups and the public in general.

But: WHY did the artists and the public in general respond in their specific ways to Stonehenge? What sociocultural function did the site fulfill during the various phases of response that it received? Are there changing meanings to the site or may there be various at the same time, depending on whom you ask? The answers to these questions were only partially given or could be deduced from half sentences. A symbol for Britania – a symbol for the new era of Aquarius – a symbol for what people can do when working together. And so forth. But the meaning were in no way attacked directly. Dr. Davis settled for the explanation that Stonehenge attracts people pecause it remands us of what people can do when working together, so that would be the basic explanation of Stonehenge´s fascination of the times. Hm, well. Its not that I would like to wish a two hour sermon on the diverse meanings of Stonehenge, but some more explicit and detailed words would have been nice. Or how about inviting people that have another perception of Stonehenge than archaeologists have? Also, I was rather surprised to hear sentences like that one of the “stranger uses” of Stonehenge has been its reception in contemporary architecture. Whats so surprising about Stonehenge being an inspiration to architects?

So, this part of “social responses” has been present, but it was rather short, giving you an overview of the works and / or groups that “use” Stonehenge in certain ways. Stonehenge has thus been an informative nice course, but nothing that I would consider doing again.


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Ich Mann – du Frau. Gender in der Archäologie im Archäologischen Museum Colombischlössle Freiburg. / Me man – You woman. Gender in Archaeology at the Archaeological Museum COlombischlössle.

Ich Mann - Du Frau Colombischloessle sprachederdingeblog

Mann? Frau? Und: warum Mann oder Frau? “Ich Mann – Du Frau” im Colombischloessle. sprachederdingeblog

Großartigerweise habe ich es tatsächlich geschafft, die Ausstellung zu besuchen bevor sie wieder schließt. Aber wichtig: sie ist verlängert worden! Bis zum 17. Mai 2015! Deshalb gleich hierzu Anfang der Rat: Besuchen Sie diese kleine, feine Ausstellung. Kein Zögern, die Reise lohnt sich.

Das Archäologische Museum Colombischlössle in Freiburg im Breisgau, ist ein wunderbarer, kleiner, luftiger Bau mit einem lichtdurchfluteten inneren zentralen Treppenhaus, um das herum sich die Säle mit den Dauer- und Wechselausstellungen gruppieren. Klein, aber fein, deshalb sind es auch “nur” 1 Raum im Keller, 4 Räume im Erdgeschoss und noch einmal soviele im 1. OG. Die Größe hat aber nichts mit der Qualität zu tun. Heute und hier erstmal der Update zur Sonderausstellung “Ich Mann, du Frau. Feste Rollen seit Urzeiten?“, demnächst dann auch zur Dauerausstellung!

Die Sonderausstellung nimmt das gesamte Erdgeschoss ein und empfängt einen bereits neben dem Treppenaufgang mit rot-blau gestalteten Badezimmern. Inklusive Spiegeln, in denen man sich sehen kann. Bin ich eher der männlich, blau gehaltene Typ? Oder doch eher das süßliche Rot-Pink? Das ist aber auch das einzige Mal, in dem die Ausstellung diese Genderrollen vorführt. Denn die Ausstellung an sich verzichtet ganz bewusst auf farbliche Zuordnungen, die Wiederholung von Genderrollen und dergleichen, sondern fokussiert sich vor allem auf Eines: das Hinterfragen dieser Stereotypen. Und das macht sie so dezent, dass man erst einmal selber immer wieder in die typischen Mann-Frau-Zuschreibungen reinfällt, bevor ein kleiner Ausstellungstext, eine Frage an der Wand oder eine schlichte Information einen zurückholt und aufzeigt, dass man gerade selber das gemacht hat, was man typischerweise meistens macht: Dinge zuordnen. In Schemata, die uns anerzogen sind und uns seit Jahren begleiten.

Gehalten ist die lichtdurchflutete Ausstelung in den Farben hellbeige. Texte werden auf einem rot-blau-gemusterten Grund gegeben, der einen seltsam unzuschreibbaren Lila-Ton ergibt. Also genau im Sinne des “Nicht-Zuordnen-Könnens”! Und schon bevor dem Betreten des ersten Saales gibt eine kleine Texttafel Ausdruck davon, worum es hier geht. Gender-Zuschreibungen: sind sie “normal”? Zeitbeständig? Einfach “gegeben”? Oder entsprechen sie eben nicht vielmehr dem jeweiligen Jetzt, sind gesellschaftspolitisch gewollt und forciert?

Jeder Raum steht unter einem Motto, das an der Wand Aussagen trifft., wie etwa: Die Archäologie gibt den Objekten ein Geschlecht. Großartige Aussage, klar formuliert, und dazu eine Aussage, die einen stutzen klässt. die ARCHÄOLOGIE gibt den Objekten ein Geschlecht? Sind denn die Geschlechterrollen nicht fest und immer gegeben? Heißt das also, dass WIR daran beteiligt sind, dass diese Rollen vergeben werden? Aktiv? Also: wir könnten das auch anders machen? Nachdenken setzt ein.

Ich Mann - du Frau. sprachederdingeblog

Ich Mann – du Frau. sprachederdingeblog

Die Ausstellungsstücke an sich werden erst einmal ganz neutral, ohne Zuschreibungen präsentiert. Vor hellem Grund, in kleinen Vitrinen. Schaut man sich die Objekte und Objektensembles an, merkt man selber wie man sich ein Bild dazu macht. Gold, Schmuck? Frauen! Falsch. Hier sind es mächtige goldene keltische Halsringe (torques) die von beiden Geschlechtern getragen werden. Zwei Grabensemble mit Skelett und Topf? Sicher Frauen! Nein – hier liegt der Teufel im Detail. Das Grab mit Topf und Knöpfen gehört der Frau, das mit Topf und Pfeilspitzen dem Mann. Und so geht es in jedem Raum, immer etwas themaitsch geordnet? Welche Objekte werden denn voin der Archäologie Männern & Frauen zugeordnet? Darum geht es im ersten Saal? Und was ist mit paläolithischen Figurinen, die swohl weiblich als auch männnlich sein können? Und was ist mit den Goldringen in Saal 3? Mit den Skeletten in Saal 4? Wer wird wie bestattet? Und vor allem, immer wieder: welche Rolle spielen die Archäolog*innen bei der Zuschreibung der Geschlechter aufgrund von Objekten? Natürlich können manche Stereotypen widerlegt werden, wenn weitere Wissenshcaften wie etwa die Anthropologie Skelette als weiblich/männlich identifizieren können und usneren Objektzuschreibungen damit widersprechen. Der Mann mit den beiden Kindern im Grab. Der Weber. Alles Dinge, die wir intuitiv erst einmal ganz anders eingeordnet hätten.

Problematisiert wird jedoch hier auch ganz stark, was geschieht, wenn einfach nur Objekte da sind. Objekte, denen WIR eine Rolle zusprechen. Objekte, die durch uns sprechen und Dinge sagen, die WIR als natürlich empfinden – nicht vielleicht jedoch ihre Nutzer in der Vergangenheit. Das wird immer wieder angesprochen und in Begleittexten auch ganz deutlich thematisiert. Wie etwa das Thema Visualisierungen: zeichnerische Rekonstruktionen zeigen häufig das, was der Zeichner als normal und üblich findet – nicht immer aber die Realität der Vergangenheit. Rollenzuschreibungen zeigen das, was der Ausgräber und Interpreteur als normal emofindet – nicht das, was die Menschen der Vergangenheit für ihre Lebensrealität hielten.

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Über die gesamte Ausstelung hinweg wird diese sehr einfache und hocheffektive Strategie durchgehalten. Objekte fordern unsere zuschreibung geradezu heraus – wer in sich hineinhört bekommt klare Antworten. Mann – Waffen. Frau – Schmuck. Selbst mit sensibilisiertem Auge gelingt es mir nicht, diese Zuordnungen nicht automatisch aufkommen zu lassen. Und durch die wirklich kurzen Texten an den Vitrinen und die längeren, eindeutigen, reflektierten Texte der Wandtafeln wird all das, was der Kopf automatisch produziert, in Frage gestellt.

Ich Mann – Du Frau” ist eine der besten Ausstellunge, die ich in den letzten Jahren gesehen habe. Nicht nur, weil sie eben diese Problematik sichtbar macht und Sterotypen des Sehens hinterfragt. Sondern auch, weil sie Probleme der Archäologie sichtbar macht. Wer trifft hier die Zuschreibungen? Warum? Wie dienen diese politischen und gesellschaftlichen Wünschen? Ganz klar haben es die Austellungsmacher hier gemacht: Archäologie ist keine neutrale Wissenschaft. Sie trifft Zuschreibungen, die gesellschaftspolitischen Einfluss haben. Die Ansprüche zementieren – oder diesen widersprechen können! Sie öffnet dem ublikum die Augen dafür, dass es an uns liegt, hier Einfluss zu nehmen. An uns als Wissenschaftler*innen und an uns als “Publikum” – wir alle können beeinflussen was und wie wir sehen und Rollen zuschreiben. In diesem Sinne war der letzte Raum auch die logische Fortsetzung der archäologischen Objekte: hier können an einem Baum Fotografien angefasst werden. Männer und Frauen schauen uns an, auf der ückseite ihrer Fotografien steht, wer sie sind und was sie machen. Das nette junge Mädchen eine Fallschirmjägerin? Der bärtige Herr ein Sozialarbeiter?

Und was schaut uns aus den Spiegeln an, die dazwischen hängen? Wir selbst. Wer sind wir und was machen wir selber aus unseren Rollen?

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Was ist meine Rolle? Ich Mann – du Frau. sprachederdingeblog

 ENGLISH VERSION

Let me have one thing clear before I start off: Its just great that I made it to this exposition! Before it ends! And, beware: its open till may 17th, so go there and visit. You wont regret it.

The Archaeological Museum Colombischloessle at Freiburg /Breisgau in South Germany is a wonderful, small, breezy building with a light-flooded inner staircase, around which all the rooms are situated. Its small but great – even if its “only” one room in the basement, 4 rooms at the ground floor and another four at the first floor, used for the permanent and non-permanent exhibitions. So, size is not a criterion for quality! Right here and today I´ll write about the non-permanent exhibition “Me man – you woman. Fixed role models since the beginning of time?” (“Ich Mann – du Frau. Feste Rollen seit Urzeiten?”), and at some later point I´ll also do something on the permanent exhibition as well.

The special exhibition can be seen in 4 rooms at the ground floor and welcomes you right next to the counter. There, you’ll be facing tow bathroom interiors, complete with tooth brush, cosmetics and mirrors where you may see yourself. Do you feel attracted to the blue, masculine version? Or rather the sweet little pink one? That´s the only point where gender roles are being simply „repeated“ at the exposition. All the other objects, texts, even the exhibition design are carefully aimed at challenging our present gender role models gently but forcefully. And a small text makes this clear, before you even enter the first room. There are no typical assignations of color, repetitions of gender roles and the like. The exhibition centers on the challenging of these culturally induced roles – and it does so very gently. You´ll be noticing that you automatically assigned gender roles when you look at the objects and the exposition will make you notice that you did. So, its YOU that’s assigning here. You are putting seemingly “neutral” objects into categories you yourself assign to them. Welcome to the patterns that you learned all your life – and now try to unravel them visiting this great exhibition.

The light-flooded rooms are designed in a rather neutral white, peppered with texts and sentences on violet ground, made out of minuscule red and blue squares. So: is it red – or is it blue? Can you name it? That’s right what the exhibition is all about. Why are you so sure of a color? Or of a gender role model? Are these assignations “always there”? Or have they been ascribed by us? Aren´t they rather socially induced, favored by political currents?

Every room has a motto that is displayed prominently at the wall: “Archaeology assigns a gender to objects”, for example. Great, clear statements that make you wonder: so, Archaeology assigns sex and gender? Are these roles not just a given thing that Archaeology “unearths”? Does this mean that we are implicated when it comes to these assignations? Do we have an active role? Which means: we can change these roles? Challenge them?

The objects themselves are being presented in small display cases, neutral and without any adscription of gender and sex. If you look at them, you assign gender automatically, based on your culturally educated mind. Gold, jewelry? Women! Wrong. These are celtic neck rings (torques), worn originally by men and women alike. Two burials with one pot each? Women! Wrong again. The details show that the skeleton with a pot and buttons is a woman, the one with a pot and arrowheads is a man. And so it goes on, every room shows one aspect of these adscriptions. Which objects are traditionally assigned to men and women by archaeologists and non-archaeologists? That’s the point in the first room. The second focusses on Paleolithic figurines that can be interpreted as men or women. In many cases the adscription can be at least doubted. And what about the neck rings in room 3? The burials in room 4? Who is being buried which way? Is a skeleton with weaving implements automatically a woman, displaying thus just our own gender adscriptions to certain tasks?

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And, above all: what’s the role of archaeologists in these adscriptions? Of course, some stereotypes can be challenged, especially when other disciplines have a hand in getting more details on the objects and the skeletons concerned. Many times I would have assigned gender roles automatically to all these objects and this is just the point: when there is only an object, just one find. In this case we almost automatically assign gender to this object and its use. The objects speak to us, but we can only understand their language when we assume that it’s the same cultural language as ours. And it may differ greatly from the cultural use of them in the past, in their original site and place. This dilemma is displayed in every room, again and again: The assignations of gender and sex are ours. Whether if it´s in scientific texts or visual reconstructions: we play our role in stabilizing our own gender roles and transporting them to the past. I´ve never in my life seen this problem publicly displayed. Short, poignant texts outline the influence of scientists in the adscription of gender roles to past cultures, thus consolidating our own gender roles. What we perceive as normal role models is being transported to the past, many times without any doubts. But is it not about the reality of the past instead of inducing our IDEA of the past?

The whole exhibition is focused on challenging these perceptions. And it does so with a highly simple and effective strategy: The objects challenge us to assign our gender roles automatically – if you listen to yourself you´ll always get clear answers by your unconscious. Weapons? – men! Jewelry, pots? – Women! Even with a certain sensitization I have not been able to prevent this automatic reaction to the objects. But the short text at the display cases and the longer ones at the walls show you that you´re simply wrong. Differents sciences are putting so many data together that stereotypic assginations are just not longer possible. But even with all these data, its our mind that assigns roles. Your mind played a trick and the reality has been totally different from your assumption.

Me Man – You Woman” has been one of the best exhibitions I’ve seen lately. Not only because it shows the problematic adscriptions of gender and makes clear how stereotypic our ideas and assignations are. But also, because it clarifies the problems of archaeology itself. Who makes these assignations? Why? How does this serve the current political and social backgrounds? The exhibition shows that archaeology is no neutral, nice science working in an ivory tower. Our doings affect how we all see the past – and if the past is a mere simple extension of the present or not. Archaeologists have a job that influences sociopolitical currents. We can go with the flow – or not. We can challenge gender role models – we as archaeologists and we as the public. This exhibition makes it very clear that its up the very one of us to take our choice. So, the last room of the exhibition is the clear statement of this active role everybody can have. It has only one object in it: a tree with many small photographies of ordinary people. On the back, there are the professions of these people, and they, as well as the whole exposition contradict our automatic perception of the person on front. The nice little woman – a former professional army parachutist? The man with the formal beard and suit – a social worker?

And what is it between these photos? Small mirrors. Look at one and you will see: yourself. Who are you and what role do you choose?

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Die Rabattschlacht oder: wie wir uns selber devaluieren. / Discount battle or: how we devaluate ourselves

 

Cornelius Holtorf "Archaeology is a brand"

Cornelius Holtorf “Archaeology is a brand”

Anlass für diesen Post ist ein Erlebnis das ich neulich auf Arbeit hatte. Ich arbeite bei einem großen berliner Kulturveranstalter, der wie fast alle berliner Kulturveranstalter (zumindest im Bereich klassische Musik, Theater, Oper) Rabatte für Studenten anbietet. An diesem Tag kamen zwei nette junge Leute zu mir und kauften Karten für unser Kulturereignis. Sie bekamen sie zu einem sehr niedrigen Preis – sie waren ja Studenten. Der Preis lag ungefähr bei 90 % unter dem, was die Karte für einen “Normalkäufer” gekostet hätte. Als sie gingen, sah ich dass einer der beiden eine riesige Einkaufstüte trug – darin ein nagelneuer Karton mit Schuhen von Riccardo Cartillone. Ich besitze selber genau ein Paar dieser Schuhe & sie kosten eine niedrige 3-Stellige Summe – das Doppelte oder Dreifache dessen, was eine der besten Karten unserer Einrichtung kosten würde.

Ziemlich lange Einleitung – aber das war für mich der Anlass jetzt wirklich mal etwas zu diesem Thema zu sagen, bzw. einfach Fragen zu stellen. Fragen, zu denen ich nicht immer Antworten habe.

Kultur & Geisteswissenschaften sind ja immer wieder “zu teuer”. Angeblich möchten die Menschen nicht viel Geld für diese Dinge ausgeben, sei es für wissenschaftliche Forschung oder Kulturerlebnisse im klassischen Sektor (Freizeitparks, Zirkusse u.ä. ausgenommen). Es sei den Menschen nicht zu vermitteln, dass man hier soviel Geld bezahlen müsse, da sei kein Mehrwert erkennbar. Diese Argumente höre ich immer wieder auf der Arbeit von den Kollegen, die sich um die Preise kümmern. Mit einer gewissen Resignation, aber genauso stehen sie dann im Raum, die Aussagen. Statt einen vollen Preis bieten wir als Wissenschaftler und Kulturschaffende dann einen Rabatt an. Einen Preis “zum Anfüttern“, wie es auch gerne genannt wird. Wer einmal was für wenig Geld bekommen hat, wird beim nächsten Mal für die gleiche Qualität unserer Arbeit gerne mehr zahlen! So die Idee. Volontariat mit 800 € Monatslohn für Menschen mit Promotion? Aber gerne! Karten für 10,- € – aber sicher doch!

Wer auch nur ein einziges Marketingseminar besucht hat (ich hab das letztes Jahr mal online gemacht) stellt fest: zum Thema Rabatte gibt’s eine sehr sehr diverse Diskussion. Und das o.g. Argument ist sehr sehr kontrovers. Wenn es nämlich zu lange zu viele Rabatte gibt, dann kauft niemand mehr zum vollen, (auch nur halbwegs) gerechten Preis.

Menschen (nicht nur Studenten, sondern auch berufstätige Erwachsene), die bei mir aber Karten zu einem Spottpreis erwerben und noch nicht einmal ansatzweise darüber nachdenken mehr dafür auszugeben, haben offensichtlich überhaupt kein Problem damit, große Mengen Geldes für Konsumgüter auszugeben. Reisen, Schuhe, Häuser, Kleidung, Essen. Aber gerne doch, aber bitte sehr. Hochpreisig, qualitätsvoll.  Aber Kultur & Geisteswissenschaft – das kriegt man sicher günstiger. Da ist doch immer jemand, ders billiger macht. Nur Riccardo Cartillone oder Butter Lindner, die geben keine Rabatte auf ihre Qualitätsprodukte.

Vor einigen Monaten las ich das großartige Buch “Archaeology is a Brand” von Cornelius Holtorf.  Es dreht sich um die Rolle der Archäologie in der heutigen Gesellschaft, ihre Vermarktung und die Wurzeln dieser Faszination dafür. Hier möchte ich aber nur ein winziges Detail aufgreifen, das mich zunächst eher rätseln hat lassen: An den unteren Seitenecken taucht eine Zeichnung eines Männchens auf, der offensichtlich alte Töpfe anbietet. “Töpfe: 1 Pfund” liest man da. Über Seiten hinweg will niemand diese alten Dinger. Auf einmal setzt er den Preis herauf: 100 Pfund. Wenn man das ganze Buch durchgelesen hat, verkauft er seine Töpfe plötzlich für 100 Pfund und alle sind weg. Verkauft.

Das ist, in graphischer Form, eine Zusammenfassung dessen, was ich in der Realität immer wieder erlebe: wenn ich für meine Arbeit einen gerechten Betrag fordere und nicht die Hungerbeträge mancher Stipendienanbieter oder gratis Arbeit ausschließe – dann bekomme ich meist auch den geforderten Betrag und/oder mehr Respekt. Und genau dieses Phänomen erlebe ich auch in der Kultur. Für hochpreisige Angebote findet sich immer mehr Respekt.

Natürlich, da gibt’s jetzt ganz viele Gegenargumente. Zum Beispiel den Bildungsauftrag der Kultur & Wissenschaft. Oder das Dazusein-Haben auch für Menschen mit geringem Einkommen. Oder die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft von Wissenschaft und Kultur. Ich frage mich nur: warum müssen Geisteswissenschaft und Kultur für die Gesellschaft dasein, kriegen aber nix dafür? Oder nur nach langem Ringen und dann in minimaler Form? Der Bildungs- und Forschungsauftrag  werden auf die Rücken derer geladen, die sie ausführen. Sie werden dafür aber nicht honoriert, weder monetär noch emotional.*

Es ist nicht mehr vermittelbar, dass in unserer monetär geprägten Gesellschaft etwas, das wenig Geld kostet, AUCH einen Wert hat! Oder Bedeutung & Relevanz! Was wenig kostet – ist wenig wert. So der gesellschaftlich anerkannte Tenor, den man genauso vom Aldi in die Geisteswissenschaften übersetzen kann. Einen höheren, gerechten, Preis zu fordern sagt auch: ICH BIN ES WERT. Da kann man dem kapitalistischen System gegenüber stehen wie man will, es ist momentan doch so: Wer mehr kostet, bietet (gefühlt) mehr Qualität. Und bekommt mehr Respekt zurück.

Seit ein-zwei Jahren halte ich es ebenso wie Ricardo Cartillone. Meine qualitätsvolle Arbeit in den Geisteswissenschaften biete ich nur noch, wenn man mir dafür einen gerechten, meine Kosten deckenden UND ein Gehalt zahlenden Betrag anbietet. Das bedeutet, dass ich manche Dinge nicht mehr tue. Und mich auf manche Stipendien nicht mehr bewerbe. Es bedeutet, dass ich zurückstecke und meine wissenschaftliche Karriere nicht so verfolge wie es andere tun und stattdessen andere Arbeiten annehme. Gratis-Arbeiten nehme ich nur an wenn mir ein Thema wirklich am Herzen liegt und auch dann nur in geringem Umfang. Aber ich will es nicht mehr und ich kann es auch nicht mehr. Meine Familie & ich sollen von meiner Arbeit leben können.

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*Das kann man jetzt genauso auch in die Bildungsdebatte übertragen: auch hier wird ja nichts “geschaffen”. Nur junge Menschen werden geformt, für ihr Leben. Aber das zählt natürlich nichts, weswegen man Erzieher & Lehrer gerne bezahlen kann wie Tagelöhner.

Literatur zum Weiterlesen: http://artanddebt.org/artist-as-debtor/

ENGLISH VERSION

The reason for this post is something I experienced at work some time ago. I work for one of the big cultural institutions at Berlin, which offers (like almost very other big cultural player in this city) special discounts for students. At this particular day two young people came to buy tickets and paid a very verly low fee for them. They were students and thus the price was about 90 % lower than the regular price. When they went away I saw that they were carrying a big shopping bag, containing a brand new pair of shoes by Riccardo Cartillone. I own a pair of these and I can tell you that they cost about a low three-digit sum, two or three times the price of the best tickets of our institution, paying the regular price.

Now, that was a rather long introduction – but it was the trigger to say something about this topic, or at least to ask some questions. Questions, that I can´t always answer.

The Humanities and Cultural Sciences are always “too expensive”. Presumably people won´t pay money for these things, be it scientific investigations or cultural experiences in the classical sense (excluding circus, leisure parks and the like). Presumably it can´t be communicated to “the people” to pay so much money, because there is –presumably – no added value. These arguments are being put forth by many of my colleagues that are in charge of making prices. With some resignation, but just so, these statements are made. And instead of demanding the full price we as scientists or persons engaged in the cultural sector charge reduced fees. We offer dicsounts. A price “to bait” the public so that they come back and pay the full price next time beacuse we showed them the great value of our work. A person who bought something off us for a reduced price might come back the next time and give us a higher price. At least thats the idea. Voluntary service for people with a Ph.D. for 800 € / month? Sure! Tickets for 10,- € each? Definitely!.

If you attend just one tutorial on marketing (which I did online twice) learns: there is a big, a huge discussion involving discounts. And the argument above mentioned is being debated very very controversially. Because if you offer discounts too long, nobody´ll want to buy anything at the regular price.

People (not only students, working people as well) who buy tickets at a ridiculous price don´t think about paying just one cent more, but they obviously have no problem whatsoever with spending huge amounts of money on other goods. Travelling, shoes, houses, clothes, food. With pleasure! Please, let it be high quality, high price items! But culture and humanities – no, there is surely some discount to be had. There´s always somebody who will offer the same service for a lower price. But Riccardo Cartillone and Galerie Lafayette – they don´t offer discoutns on their high quality products.

Some months ago I read a fantstaic book by Cornelius Holtorf: “Archaeology is a Brand”. It centers on the role of archaeology in todays society, its marketing and the roots of popular fascination with archaeology. But the detail I want to present here is something that had me baffled for some time when reading the book. On the lower corners of the pages was the image of a small figur selling old pots. “Pots: 1 Pound” it reads. For pages and pages, nothing changes in this image. Suddenldy, the price is higher: “Archaeology: 100 Punds”! And when you finish the book, all pots have been sold – at 100 Punds each.

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That is, in a graphic form, a summary of something I experience again and again: when I charge a fair price for my work and not the ricidulous wages of some institutions or even work for free- that´s when I normally get the price I ask for and/or I get more respect. And its the same in the cultural sector. When something costs more, you get more respect for it. Of course, there are a lot of counterarguments. There is, p.e., the educational function of culture & humanities. Or the necessity to garantee the equal participation of people with low incomes at the cultural life of our society. But I do ask myself: why do we have to provide for the society but won´t get anything in return? Or only after insisting and long ardous battles and than there are only minimal amounts of money to be had? The educational function and the research assignments have been saddled on the people who are doing the works related to these functions. But they won´t be rewarded for it, either monetary nor emotionally.

Its difficult to place in our monetary society that something that doesn´t cost much money can although have value. Or relevance and meaning! If it costs little, its worth little. Thats common place in our society, and can be transferred directly from the supermarket to the Humanities. To charge a higher, a fair price, has another meaning to it, too: I AM WORTH IT. You may think about capitalism whatever you like, currently the situation reads like this: if you charge more, you are higher quality. And you get more respect. Since last year I act like Riccardo Cartillone. My high quality work at the Humanities is only to be had if I get an amount that covers my expenses AND includes a fair wage. That means, that I don´t do some things anymore. And there are grants that I don´t apply to anymore. It means that I don´t do as everybody else and offer myself at ridiculous wages, hoping to get a proper career someday. And I only do projects for free if I really love the topic. I won´t do it anymore and I can´t, either. My family & I should be able to live off my work. And I charge what is necessary for this aim.

Suggested Reading: http://artanddebt.org/artist-as-debtor/

 

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Archäologie für eine Region: das Besucherzentrum Arche Nebra. / Archaeology for a whole region: the Nebra Sky Disc Visitor Center

Unlängst war ich in Nebra & wie diese Stadt und die gesamte Region sich auf ein archäologisches Fundstück, nämlich die Himmelsscheibe von Nebra beziehen, war hier schon Thema.

Eigentlich war ich aber dort, weil ich mir ja das Besucherzentrum Arche Nebra – Die Himmelsscheibe erleben” anschauen wollte, ein neu errichtetes Gebäude das ausschließlich die Himmelsscheibe zum Thema hat und alles rund um die Fundgeschichte, den Fund selbst, und die Bronzezeit im Allgemeinen anbietet. Schon auf der Homepage war mir aufgefallen, dass die Arche Nebra wohl zu den ganz wenigen Museen gehört, die sich selber finanzieren. Freundlicherweise gab mir Fr. Werner, die Marketingmitarbeiterin der Arche Nebra, dazu noch einige weitere Daten (dafür nochmal vielen Dank!). Tatsächlich schafft es das Museum, sich zu 80-100 % (je nach Jahr) selbst zu finanzieren, das dürfte ziemlich sensationell im Kultur- & Museumsleben sein. Sicherlich tun Vermietungen, Hochzeiten, Waldführungen das Ihrige dazu, aber was ist eigentlich ehrenrührig daran sich als Museum auch solchen FInanzierungsoptionen zu öffnen? Soweit ich sehe, tut es dem Haus an sich keinen Abbruch. Dazu kommt noch, dass die Region um Saale & Unstrut seit den 90er Jahrenzu einem größeren Teil vom Tourismus lebt – und Wangen & Nebra sind sicherlich keine Publikumsmagneten wenn man daneben Naumburg oder Freyburg erleben kann.Daher stammt auch sicherlich die Idee des regionalen Marketing, die Thema des ersten Beitrages zur Himmelsscheibe war. Daher & trotz alledem: die Zahlen beweisen dass das Besucherzentrum es schafft, immer wieder viele Besucher anzuziehen! Und das ist, muss ich sagen, nicht verwunderlich denn die Arche Nebra ist eines der anregendsten und gleichzeitig besucherfreundlichsten Museen die ich bislang besucht habe. Das Haus wird zu einem Teil von Familien besucht, aber auch von Schülergruppen und grötenteils von Einzelpersonen, viele von ihnen, fast 70 %, stammen aus der weiteren Umgebung aber diverse Besucher reisen wie wir von weiter weg an, sodass die Arche Nebra aus dem ganzen Bundesgebiet Besucher anzieht. Schon beachtlich wenn man sich die sehr ruhige Umgebung betrachtet!

Gelegen nur wenige Fußminuten von der ursprünglichen Fundstelle der Himmelsscheibe mitten auf dem Land, zeigt das Gebäude in allerschönster Form die Umsetzung eines archäologischen Fundstückes in Architektur. Die Himmelsscheibe stand Pate für die Gebäudeform:

1600_Himmelsscheibe_von_Nebra_sky_disk_anagoria

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und fügt sich wunderbar in die Landschaft ein. Man tritt durch einen langen überdachten Atriumsraum ein und das Gebäude bietet soviel Glas, dass man eigentlich doch ständig das Gefühl hat, direkt in der Landschaft zu sein. Umgeben ist das Gebäude von einem sanft ansteigenden hügeligen Gelände und angrenzendem Waldgebiet, das viel viel Platz für Außenaktivitäten bietet. Wir waren mit Kind an einem der heißesten Tage des Jahres da, der mit mehreren Workshops für Kinder auf der Wiese aufwartete: Felsbilder abpausen, “Ausgraben für Kinder”, bronzezeitliches Essen… es gab viel zu sehen und zu tun! Diese Workshops wurden mit viel Liebe und Detail durchgeführt, alle Mitarbeiter waren freundlich und aufgeschlossen, es herrschte eine angenehme, fast familiäre Atmosphäre. Das Besondere war für mich, dass diese Workshops wirklich ernsthaft versuchten, archäologisches Arbeiten nachzustellen. Hier wurdez.B.  nicht nur ausgegraben – nein, die Kinder zeichneten und katalogisierten ihre “Funde” auch auf einem Formblatt. Dadurch machten sie sich Gedanken darüber, was sie da gerade aus der Erde geholt hatten. Warum sieht das so aus? Was könnte das sein? Aus welchem Material ist das eigentlich? Zudem wurden die Kinder fast 1:1 betreut und das in so liebevoller, geduldiger Manier dass ich beinahe sprachlos war. Für Kinder auf jeden Fall eine großartige Sache, von der heute noch bei uns gesprochen wird! Zur Stärkung noch ein bronzezeitliches Würstchen mit Linsengericht vom offenen Feuer, angeboten aus einer Replik bronzezeitlicher Keramik: und los gings in die Ausstellung(en).

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Denn das interessierte mich dann doch am meisten: die Ausstellung? Ich stieß zunächst durch ein Werbeblättchen auf die Arche Nebra, in der die neueste Wechselausstellung “Herrscher der Bronzezeit beworben wurde. Die Wechselausstellungen der Arche bezogen sich bislang häufig auf sagen wir mal, recht populäre Themen: Mammuts, Ägyptische Mumien… “Herrscher der Bronzezeit” war die erste eher regional ausgelegte und auch sehr archäologische Wechselausstellung und sie war: super. Wie ein Leitfaden zog es sich durch die Ausstellung und das ganze Haus: es ist zu schaffen auch mit wenigen, kleineren und nicht ganz so spektakulären Funden großartige, informative, spannende Ausstellungen zu machen.

Außer dieser Sonderschau gibt es natürlich die Dauerausstellung, die den Fund der Himmelsscheibe sowie die Bedeutung und Interpretation des Ganzen aufarbeitet und der eigentliche Kern der Arche Nebra ist. Ich muss zugeben dass ich im Vorfeld wirklich überlesen hatte, dass das Besucherzentrum eine Replik der Himmelsscheibe ausstellt und nicht das Original. Eigentlich macht das aber überhaupt nichts, denn die Dauerausstellung ist ein absoluter Hit und die kleineren Begleitfunde, die als Originale bereit stehen, entschädigen. Natürlich steht die Himmelsscheibe im Zentrum, aber das gesamte Ausstellungs-Obergeschoß ist so ausgelegt, dass der Besucher nicht nur ständig viele viele Informationen über die spektakuläre Fundgeschichte erhält (inklusive Polizei, verdeckten Ermittlern und einem Archäologen als Undercover-Agenten in einer schweizer Kellerbar, und JA, das ist wirklich wahr!), nein, diese Information kommt auch noch anschaulich und leicht erklärt daher. Der Ausstellungsraum ist unglaublich hoch und bietet mittels eines Panoramafensters Ausblick auf den Mittelberg, auf dem sich auch die Fundstätte befindet; die Innenausstattung mit futuristischen orangefarbenen Bällen und Trichtern ist ebenfalls wieder an die Himmelsscheibe angelehnt. Hierin eingelassen sind die Bildschirme mit Informationen und immer wieder kleine Vitrinen mit Fundstücken oder überraschenden Durchblicken. Eine Replik der Himmelssscheibe zum Anfassen macht auch haptisch klar wie KLEIN aber doch schwer das Ding ist!

Für Erwachsenen gibts zudem einen digitalen Himmelscheiben-Putzer, der auf den Glasscheiben der Vitrinen virtuell umhertanzt und Dinge erzählt, für Kinder gibts das Ganze nochmal als (absoluter Knaller!): Kasperletheater in Endlosschleife auf einem Bildschirm. Ich hatte die ganze Zeit das angenehme Gefühl nicht nur wunderbare Informationen zu bekommen, sondern diese auch noch in ansprechender Form. Manchmal ist das ja bei Museen eher selten. Hier verbinden sich fachliche Informationen mit solchen die eher für das Nicht-Fachpublikum gedacht sind und die immer neuen Ein- und Durchblicke des sehr schwungvoll gestalteten Ausstellungsraumes führen dazu, dass man immer wieder neues Interesse an den dargebotenen Daten bekommt.

Ergänzt & erweitert wird die Ausstellung durch ein Planetarium, in dem es eine Präsentation zur Himmelsscheibe zu sehen gibt: ihre Herstellung, ihre astronomischen Informationen, ihre wechselhafte Geschichte als Objekt und natürlich ihre Fundgeschichte. Die Macher haben es geschafft das Ganze so zu halten dass es sowohl für Erwachsenen als auch für Kinder spannend und verständlich ist, und erfreulicherweise wurde auf viele Sterotypen archäologischen Re-Enactments verzichtet.

Was mir wirklich wichtig war und sicher einer meiner persönlichen Favoriten, das war die überall thematisierte Verquickung von archäologischem Fund und seiner Fundgeschichte. Das Thema “Raubgrabung” kam überall wieder zur Sprache, eine seltene Angelegenheit in Museen. Das Besucherzentrum konzentriert sich also nicht nur auf den unverfänglichen und spektakulären Fund, sondern kümmert sich auch noch um den gesellschaftlichen Kontext und thematisiert die Probleme mit illegaler Schatzsuche, Hobbyarchäologie und Metalldetektoren. Dies nicht nur in der Ausstellung, sondern auch während der Führungen. Ehrlicherweise muss man allerdings zugeben, dass das nicht sehr differenziert geschieht, hier werden fast aussschließlich die negativen Aspekte thematisiert, nicht der gesamte sehr kontroverse Stand der Dinge.

Obwohl ja, wie gesagt, die Himmelsscheibe selber nicht dort ist, gibts es viele kleinere Fundstücke, v.a. Steinobjekte. Diese sind zwar eher kleinteilig, aber durch die informative Präsentation und die Beschriftung mit Objekt- oder Fundnummer zusammen mit der Beschreibung für die Besucher verbindet sich hier archäologischer Arbeitsalltag mit Museumsinformation.

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Diese Idee findet sich auch an der Fundstelle wieder, an der neben dem immensen Aussichtsturm mit Blick in alle Himmelsrichtungen auch ein Spiegel an der Fundstelle und viele kleine Betonplaketten warten. Nachdem man also wahlweise dorthin 5 Minuten Bus fährt (alle 30 Minuten direkt vom Besucherzentrum!) oder dorthin läuft ( mit Kind & langsam ca. 40 Mintuen durch einen Buchenwald), steht man in einer Ringwallanlage und überall, wenn man nur richtig schaut, sind die Betonplaketten die die kleineren Funde zeigen, die auf diesem Areal NACH der Raubgrabung der Himmelsscheibe selber durch die archäologischen Nacharbeiten gefunden wurden. Bilder & Fundnummern zeigen, wieviel hier im Boden lag!

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Ich muss ehrlich sagen, dass der Besuch in der Arche Nebra rundum wunderbar war. Die Kombination von Natur & Museum, von Information & Entertainment, zusammen mit wirklich freundlichen Mitarbietern von der Kasse bis zur Kinderbetreuung – es war großartig. Dazu noch das Restaurant mit Terrasse und einem Blick auf sanften Hügel der Unstrut – es blieb eigentlich nichts zu wünschen übrig.

Wer diesen Blog verfolgt, weiß dass hier selten nur Lobeshymnen stehen und ich werde auch von keiner Institution bezahlt oder gefördert. Unser Aufenthalt in der Arche Nebra war ein reines Privatvergnügen, das einfach für mich als Archäologin & Museums-Fortbildende wunderbar war, weil es so viele Aspekte dessen vertrat was ich mir seit Jahren wünsche und selber versuche in meiner Arbeit anzubieten: Vermittlungsarbeit für ganz verschiedene Zielgruppen: Kinder, Erwachsene, Spezialisten & interessierte “Laien”. Vermittlungsarbeit auf einem Niveau, das sehr viele Menschen einschließt und unterschiedliche Informationen für unterschiedliche Gruppen in EINEM Haus und in EINER Austellung anbietet. Thematisierung archäologischer Arbeit und der Probleme, die Raubgrabungen aufwerfen. Meiner Meinung nach dürfte die Arche Nebra damit einen beträchtlichen Beitrag dazu leisten, Archäologie & Geschichte in der regionalen Wahrnehmung zu verankern – zusammen mit all den Vernetzungen und Problemen die das so mit sich bringt.

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ENGLISH VERSION (sorry, it went online sometime after the original publication but I am working on a whole lot of things right now…)

Some months ago I went to Nebra, and how this city and the whole region have been centered along with the world famous find of the Nebra sky disc – this has already been covered on this blog. But in the end, I had been inspired to visit by the existence of “The arch of Nebra – living the sky disc”. The visitor center of Nebra got a whole new building, centered exclusively on the find of the sky disc and around its complicated, James-Bond-like history and the Bronze Age. When I visited the home page of the visitor center, I noted that this has to be an institution (its seems that it´s not a museum according to the statement of the ICOM on the definition of Museums) that is financing itself based on its incomes, receiving very little state subsidies, if any at all. Thanks to Mrs. Werner, the marketing assistant of “Arche Nebra”, gave me some detailed information on how their financing works (again: thanks a lot!). They are able to auto- finance around 80-100 % of their overall budget and to be honest, that’s absolutely sensational in the cultural sphere!

Sure, the Arche is doing everything to attract visitors by offering not only the exposition and a lot of archaeology-related activities, but far more. There are weddings, hiking tours, you can rent the building if you like. But its not a shame to focus yourself on other activities as well! Moreover, the whole region of the rivers Saale & Unstrut have been living off what the tourists are willing to spend and the small village of Wangen and Nebra itself are surely no tourist magnets compared to the famous sites of Naumburg or the wine based economy and tourism of Freyburg, which are nearby. So this may be a reason for the regional marketing that was my focus in the first blog entry related to the Nebra sky disc.

But in spite of this: the number of visitors shows that the museum is able to attract a large number of people every year, around 60.000 of them. And that comes as no surprise when you have a look at the visitor center itself. In my opinion, this is one of the most welcoming, inspiring and fascinating institutions I visited in the last years. The visitors consist mainly of families, but there are school groups or individual visitors as well. Many of them, around 70%,have a regional background, but the other 30 % reside all over Germany. That’s quite impressive when you have a look at the very quiet surrounding.

The visitor center is located only a few wlaking minutes from the original place of discopvery of the Nebra Sky disc on the Mittelberg, right between Wangen & Nebra. The building has been inspired by the sky disc itself and shows beautifully how archaeological finds can be translated into actual architecture.

The building and the surroundign landscape form a harmonic entity. The entrance to the building is formed by a large atrium and there are so many glass walls that one could feel like being acutally outside instead of in a museum. The hilly, woody landscape around the visitor center offers a lot of space for any outside activity. We got there on one of the hottest days of the summer with our six year old son. The lawns around the building were being used for chidrelns activities like excavation, Bronze Age food and much more… there was a lot to do and a lot to see!

All the workshops were offered with a lot of love and warmth, and the children were taken care of in a almost personal manner. It was a very special experience to see how some details of the arcaheological work were presented to the children. This was not only about excavating “something”, no, the object was drawn, analysed and there was even a special form that the children filled in with the specifics of their discovery. And this draw them to think aboiut the objects discovered: why does the object looks like this? What could it have been? What was its use? To strengthen us before entering the exhibition, there was Bronze Age food, prepared in replicas of Bronze Age pottery on an open fire on the lawn. And then we were off to the exposition itself.

Because obviously this was the main reason of our visit: to have a look at the exposition. I had been lured to the center by an advertisement of their current temporal exposition called “Rulers of the Bronze Age”. All previous temporal expositions had focused on rather popular themes like mammoths, mummies and the like. “Rulers of the Bronze Age” was the first regionally based archaeological exposition and it was just great. It proves that with a minimum of originail objects you can do a terrific exposition that offers a lot of information in an interesting manner!

Apart from this temporal exhibition there is the permanent exposition that covers the process of the discovery of the Nebra Sky Disc, its interpretation and meaning in/for archaeology and for our society in general. This is the center of the museum, its core message. I admit that I hadn’t got the fact that the visitor center exhibits a replica of the Sky Disc and no thte orginal object, but that didn’t matter in the end. The permanent exhibition is so great and the “lesser” finds (stone chippings, sherds etc.) make up for the replica. Fo course the Sky Disc is at the cnter of the exposition, but the overall exposition includes also ifnoramation about the find of the Sky Disc (complete with police men and an archaeologist working as an undercover agent in a basement bar in Switzerland). This is not only spectacular, but it is presented in a very informative and entertaining way. The exposition hall is very high and the picture window gives way to the hill where the Sky Disc was found, creating the illusion of being inside the landscape instead of a museum. The interior design has a rather futuristic way, everything has an orange tint and the design is based on the Sky Disc, focusing on round and funnel-shaped forms. Inside these you are confronted with display cases and screens. A second replica of the Sky Disc can be touched to experiment the original weight and haptic sensation of it.

For adults there is the digital „Charman“ dancing around on the display cases, joking and telling stories about the Sky Disc. For children there is a complete puppet-theater on a screen where the whole story oft he discovery oft he Sky Disc is played by puppets. All the time I had the comfortable sensation of being informed in a leisurely way, without somebody lecturing me. Sometimes that’s rather weird at museums and here in Wangen I felt I was being welcome and giving me information was a pleasure, not a deed. Scientific information, rather interesting for myself as an archaeologist, is intertwined with the data that rather appeal to a non-scientific visitor. The interior design helps to create new interest at every step by helping architecturally with the exposition.

The exhibition is complemented by a planetarium that offers a presentation tot he meaning and making oft he Sky Disc in its different phases and the discovery process. This show, concordant with the exhibition, offers information for adults and children as well without being boring. I am moreover very thankful fort he fact that the usual stereotypes of archaeological re-enactments have been excluded in the show.

What was really important to me (and also one of my personal favourites) was the presentation of the connection between archaeology and robbery. In the case oft he Sky Disc the object was found by two men with a metal detector, an illegal activity in Germany. They sold the object to another person who tried to sell it to museums. The theme oft he „pot hunters“ came up on every twist and turn oft he exposition. That means that the museum does centre on the object, yes, but on its social and political and scientific context as well. Hobby archaeologists and metal-detectoring are a major issue in Germany and but almost never it is an issue at museums. I have to admit that the presentation of hobby archaeology etc. is not very detailed, and does not represent the controversial position s to it, but I am grateful that it is an issue at all!

And although the Sky Disc is not present at the exhibition, the smaller finds create a feeling for the site and its context. Ist all in the information that surrounds them, and the description with a find number together with an explanation create a feeling fort he archaeological everyday working routine.

This idea is present at the site, as well, which can be visited within a 20 minutes walk form the museum (or you may take the bus which is going every 30 minutes (!)). There´s an immense tower at the site, offering an overall view oft he region, pointing out several hills around the site and the nearby mountains that may have played a role in the Bronze Age. A mirror at the place of discovery and the implementation of concrete blocks at every discovery place of other objects associated with the Sky Disc create an idea about the disposition oft he objects.

I do freely admit that I enjoyed our visit at the “Arche Nebra”. The combination of nature and Museum, of information & entertainment, in addition to the friendly persons at the counters and the exhibitions – it was an overall experience that created a feeling of being welcome. To all of you who follow this blog, you will know that I am not very inclined to say that something is really GREAT. And I am not being sponsored by anyone. But our stay at “Arche Nebra” was so great for me as an archaeologist and a person who loves museums. It presented aspects of work that have been my interest for a long time and aspects I would like to see integrated into my own work: mediation with the public on a whole lot of levels: scientific, non-scientific, for children and adults. Mediation on a level that includes a lot of people. Mediation for different groups of people in ONE Museum and in ONE exhibition. Centered on archaeological work and the implications of pot hunters.

I think that the Arche Nebra is doing a great job to create an intricate connection between archaeology & history in the regional perception – together with all the implications, entanglements and problems that this brings along.

 


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Art & Inquiry: Denkanstöße zu materieller Kultur / Reflections on material culture

Ich muss es wohl bekennen: Coursera & Konsorten und ihre Online-Kurse haben es mir wirklich angetan. Nach meinem ersten Versuch mit Archaeology´s Dirty Little Secrets hatte ich ja angekündigt, diesen Sektor auszubauen. Das habe ich getan und einer der Kurse, die im Juli & August auf meiner Agenda standen war ein vom MOMA angebotener: “Art & Inquiry: Museum Teaching Strategies for your Classroom”. Gut, ich bin keine Lehrerin, aber ich möchte kurz- oder mittelfristig eher ins Museumsfach wechseln und Vermittlung und Kuratieren steht auf meiner Weiterbildungsliste gaaaaanz oben. Also klang der Kurs nicht schlecht, so als Einstieg. Und er war absolut umwerfend. Für mich als Vermittlungsneuling war der “Inquiry Approach” mit seinen ergebnisoffenen Fragen eine unglaublich spannende Erfahrung, die sich in einigen Teilen mit meinen selbst gemachten Vermittlungserfahrungen in der Feldarbeit deckte und mir gleichzeitig viele neue Möglichkeiten aufzeigte. Abschließendes Projekt war das Aussuchen eines Objekts oder Kunstwerks, das man in der eigenen Arbeit als Vermittlungsobjekt zu einem bestimmten Thema nutzen würde, inklusive der Erstellung eines “inquiry based” Projektes, das dieses Objekt beinhaltet.

Worüber ich hier jedoch schreiben möchte, ist der fast unglaubliche Fragenkatalog der sich ergab als ich meine Objekte für das finale Projekt auf ihre Verwendbarkeit hin abklopfte. Ich hatte 3 Objekte gewählt, von denen je zwei exemplarisch für einen archäologischen Stil/Kultur stehen konnte und ein drittes, das eine Hybridform der vorigen beiden darstellte. Hintergrund sollte die Zuordnung von Identität über Materialität sein und der Ausdruck persönlicher  Ideen über die Hybridisierung von Materialität. Ingesamt gesehen: sehr spannend, sehr komplex. Da das zu entwickelnde Projekt auch die Erstellung einer praktischen Aktivität der Lernenden beinhaltete, hatte ich zunächst die Idee, dass die Personen hybride zeitgenössische Objekte suchen und fotografieren sollten und die Beziehung von sich selbst zu diesen Objekten kurz notieren sollten. Und um ganz sicher zu gehen, dass das funktioniert, bin ich es gedanklich durchgegangen. Welche Objekte würden MIR einfallen?

Mentale PAUSE. Ich dachte nach und nach – mir fiel nichts ein. Leeres Hirn. Ich dachte, dass das nicht so schwer wäre, immerhin fällt es mir in archäologischem Material AUCH nicht schwer, solche hybriden Dinge zu entdecken. Aber in meiner eigenen Umgebung? Es passierte nichts, außer dass ich plötzlich über Fusion Cuisine nachdachte und über Mode. Ich merkte, dass ich gar nciht genau sagen konnte, was meine “deutsche” (?), “mitteleuropäische” (?), “preussische” (?) Kultur sein sollte, wenn es um äußerliche Dinge ging. Objekte, die mich tagtäglich umgeben findet man ja so auf der ganzen Welt und obwohl sicher jeden seinen eigenen persönlichen Stil hat, gibt es keinen wirklichen regionalen oder gar nationalen Stil auf den ich mich berufen könnte. Ich ganz persönlich, als Mitteleuropäerin, Ostdeutsche und Preußin – alles Attribute mit denen ich durchaus leben kann und die mich meiner Meinung nach persönlich charakterisieren könnten. Aber materiell? Funktioniert es nicht.

Also ging ich einen Schritt weiter und fragte mich nach Objekten oder Hybriden, die in unserer globalisierten Welt vorkämen. Also Dinge, die für zwei unterschiedliche Kulturen stereotypisch sein können und in einem Objekt verschmolzen werden. Ich dachte an asiatische oder afrikanische Klischees, die wir im Kopf haben und über deren materielle Counterparts, die wir in unserem Leben vorfinden. Klischeebehaftete Objekte also. Die gibt es natürlich, aber kann der klischeehafte japanische Fächer über dem Couchtisch wirklich als Beipsiel für hybride materielle Kultur herhalten? Das überzeugte mich auch nicht.

An diesem Punkt begann ich schon, an meiner eigenen Idee von materieller Kultur etwas zu zweifeln. Wie kann es sein, dass ich zwar materielle Kultur im archäologischen Kontext meiner Arbeit immer wieder bearbeite, den Terminus benutze und ihn auch theoretisch unterfüttern kann – in meinem eigenen Leben aber nciht? Materielle Kultur ist ja gerade etwas, dass sich durch unser aller Leben DURCHZIEHEN sollte. Ein Konzept, dass geradezu strukturalistisch in jedermanns Leben, egal wann und wo, auftaucht und sich prinzipiell ähnlich sein sollte, wenn acuh im Ausdruck und Nutzung jeweils unterschiedlich. Gibt es heute überhaupt noch so abgrenzbare kulturelle Eigenheiten wie wir sie so oft im archäologischen AMterial zu erkennen glauben? Und sit es nicht veilleicht nur unser Blick von außen der die “fremde” “vergangene” Kultur klarer erscheinen lässt? Oder ist auch das nur eine Idee der Archäologen, die wir im Nachgang auf etwas drauflegen, das in der Sicht der vergangenen Menschen genauso hybrid und unabgrenzbar war wie unsere heutige Kultur für uns? Oder gibt es doch einen gravierenden, sichtbaren, nachweisbaren Wechsel zwischen den regionalen Kulturen und der globalisierten Welt von heute?

All diese Fragen habe ich nicht beantworten können. Aber allein schon das Nachdenken hierüber hat viele neue Türen geöffnet und Ideen generiert, die verfolgt werden wollen. Lesen und Denken wird die Folge sein. Dass meine archäologischen Ideen, Perzeptionen und Interpretationen immer auch eine Aufnahme meiner eigenen kulturellen und sogar persönlichen Sozialisierung sind, ist mir seit Langem bewusst. Aber trotzdem haben sich hier noch weitere Momente ergeben die darauf hinweisen, dass die Rückführung UNSERER Ideen auf frühere Gesellschaften /Objekte einfach zu verführerisch einfach ist. Momentan liegen daher auf meinem Schreibtisch: “Inventing the Pasts in North Central Europe“,”Envisioning the Past“, Pot/Pottery Entanglements and Network Agency“. Danach sehen wir weiter!

M. Hardt, C. Lübke & D. Schorkowitz (Ed). (2003): Inventing the Pasts in North Central Europe. The National Perception of Early Medieval History and Archaeology. Peter Lang, Bern-Frankfurt.

S.Smiles & S. Moser (Ed.) (2005): Envisioning the Past. Archaeology and the Image. Wiley-Blackwell

C.M. Watts (2008): Pot/Pottery Entanglements and Networks Agency in Late Woodland period (c AD 900-1300). BAR Interantional Series 1828.

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English Version

Yes, I have to admit: Coursera and other possibilities of online learning have catched my heart. After my first try with “Archaeology´s Dirty little Secrets I decided to get on with this idea and take some more online courses. So I chose Art & Inquiry: Museum Teaching Strategies for your Classroom to take as a course in July and August, that was being offered by the MOMA via Coursera. Well, I am not a teacher, but as museology and museum teaching is on my agenda on the short to middle term I tried it out. And it resulted that this course was a real gem. For me as an absolute apprentice on this field of museum teaching the “Inquiry Approach with its open questions was a fascinating experience which had many connections to my own experiences in the field and at the same time it offered many new ideas and possibilities. As a final project after four weeks of video lectures we had to choose an object to teach with, including a whole project based on the inquiry approach.

But I would like to write about here is my experience with an almost incredibly broad catalogue of questions that evolved when I was looking for suitable objects for my final project. I chose three objects, two of which could be presented as examples for certain style/culture and a third, that represented a hybrid form of the both cultures represented in the first two. Overall it was a fascinating and complex experience. And as the project had to include a practical activity, a hands-on experience for the students, I pursued the idea that they should look for hybrid objects in our own contemporary material culture and present them via photographs and descriptions. To be sure that this would work, I began to think myself: which objects would I choose form my contemporary surroundings?

So – mental pause. I thought and thought – and got to nothing. There was simply not ONE object that came to mind. I couldn’t believe it. There are always hybrid things and objects that I noted in the archaeological material and in my own context I would note – nothing? But nothing happened, except that I started thinking about Fusion Cuisine and fashion. And when I thought about it, I couldn’t say what my “German” (?), “central European” (?), “Prussian” (?) culture would be like when it came to external objects that should be representing it. The objects that surround me could be found in a similar way all around the world and although we all have a special personal style, there is no regional or national style at all. For me personally, the characterization as a East German, central European, Prussian person works. But it is not represented in an external way by objects.

So I went a little bit further and started thinking about objects or hybridisations in general, that would work as an example in a globalized world. Objects that combine the stereotypical characteristics of two cultures in one. I thought about African or Asian clichés and their  material counterparts in our lives. There are many of these but is a fake Japanese fan above the bed really an example of hybrid material culture? It didn´t convince me.

At this point I started to doubt my own idea of material culture. How could it be possible that I am perfectly able to use this terminus in my archaeological work, but not in my own life? Material culture is something that is to be found in all times and all people. An almost structuralist concept, that should be visible and similar in everybody´s life no matter time or place. Are there no cultural identifiable units as the ones we choose to see in the archaeological record? And could it be that it is only our own view from the “outside” on the archaeological material record that makes us think that “past” cultures are more or less clearly definable? Is this our archaeological viewpoint, which imposes something on a material culture that seemed as hybrid and unlimited to the “past” people as our culture seems to ourselves today? Or are there real changes between the rather regionalized cultures of the past and the contemporary rather globalized world?

I wasn´t able to respond all the questions that arose during this thinking process. But the process alone opened a lot of doors and led to new ideas that will be pursued in the next weeks and months. I have been aware for years of the fact that my archaeological ideas, my perceptions and interpretations are always a picture of my own cultural and personal socialization, too. But thinking it through for Art & Inquiry showed me that my imposition of my own ideas about and on “past” societies and/or objects seems to be so easy that it is almost an unconscious behavior. So, to get on working on this and to become even more aware, there is already a heap of books on my desk, regarding the questions of identity: “Inventing the Pasts in North Central Europe”, “Presentation in Archaeology” and “Pot/Pottery Entanglements and Networks of Agency”.

M. Hardt, C. Lübke & D. Schorkowitz (Ed). (2003): Inventing the Pasts in North Central Europe. The National Perception of Early Medieval History and Archaeology. Peter Lang, Bern-Frankfurt.

S.Smiles & S. Moser (Ed.) (2005): Envisioning the Past. Archaeology and the Image. Wiley-Blackwell

C.M. Watts (2008): Pot/Pottery Entanglements and Networks Agency in Late Woodland period (c AD 900-1300). BAR Interantional Series 1828.


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Massendinghaltung in der Archäologie: die Konferenz der TidA 2013

Foto 1Die Tagung der Theorie in der Archäologie (TidA) “Massendinghaltung in der Archäologie” wurde vom 23.-24.5.2013 im Topoi-Gebäude der FU-Berlin abgehalten und am 25.5. durch einen Besuch im Museum der Dinge ergänzt. Topoi gehört zum Exzellenzcluster und besitzt offensichtlich sogar Gadgets wie einen Topoi-Türstopper. Aber das nur am Rande und weil ich es so schön durchdesigned fand.

Die Tagung war kostenlos und sehr gut besucht; so gut, dass der gesamte Saal gefüllt war und sogar freie Plätze gesucht wurden. Einige hatten sich wohl, wie ich, spontan entschlossen, zumal eine verbindliche Anmeldung vorher nicht nötig war, wollte man nicht an optionalen Angeboten wie den Besuchen der Museumsmagazine ö.ä. teilnehmen. Das war für mich sehr praktisch und ist definitiv empfehlenswert! Leider konnte ich nur den ersten Tag wahrnehmen, was mich sehr grämt, immerhin hätte ich doch gerne die Beiträge der diskussionsfreudigen Herren Bernbeck und Raimund Karl am 24.5. gehört und auch die Ausführungen der Referent/innen zum Thema Sammlung, Computer etc., die am 24.5. anstanden. Am 23.5. ging es eher um den philosophisch-theoretischen Unterbau, ein ebenfalls sehr spannendes Thema.

Kurz vorweg gesagt: obwohl ich in meiner Arbeit seit längerem mit den Begriffen der “Materiellen Kultur” arbeite und bislang kontextbasierte Umgangsformen mit Dingen als Interpretationsansatz favorisiere und damit eher einer poststrukturalistischen Idee folge, hatte ich mich bislang nicht sehr eingehend mit dem theoretischen Unterbau dieser Konzepte befasst. Wie man materielle Kultur ausbuchstabiert, wie man sie definiert, wie man die Beziehung zwischen Mensch und Ding definiert und interpretiert und welche Implikationen das hat – das waren für mich neue Fragen, die sich mir erst bei der Durchsicht einiger vorbereitender Texte zur Tagung stellten. Die Einführung von Dan Hicks “The material-cultural turn” war mir sehr hilfreich um einen Überblick über die Entstehung und Entwicklung dieser Diskussion zu bekommen, und auch einige kürzere Texte der avisierten Vortragenden gaben mir ein Grundgerüst über die hauptsächliche Literatur und die laufenden Diskussionen (Literaturverweise s.u.!).

Allerdings hatte ich bei der ersten Durchsicht des Tagungsprogramms eher gedacht, es ginge um die Problematik der Überpopulation archäologischer Sammlungen durch Dinge, Funde. Und um die Arten hiermit umzugehen, Möglichkeiten des Umgangs und der Interpretation zu finden, neue Fragen an diese Materialmengen zu stellen, eventuell auch eine Reduktion dieser Fundmassen anzugehen. Da meine Arbeiten in Lateinamerika regelmässig Tausende von Scherben umfassten, die ich alleine abarbeitete und da ich mich noch gut an den Besuch bei einer Doktorandin in Bolivien erinnere, die in einer Kammer mit mehreren tausenden Steinabschlägen sass (eine Erfahrung, die mich im dritten Semester sehr geprägt hat und eine mittlere Sinnkrise auslöste), waren diese Fragestellungen für mich sehr interessant. Trotzdem jedoch war das endgültige Tagungsprogramm dann sehr viel theoretischer und grundsätzlicher – zumindest am 23.5.13. Es ging nicht so sehr um die konkreten Ansätze eines UMGANGS mit dem Material als um Definitionsfragen und die Fragen: auf welcher Ebene und aus welchem theoretischen Blickwinkel NÄHERE ich mich dem Material?

So referierte Matthias Jung über das Konzept von Topf und Henkel anhand der Texte von Simmel “Der Henkel” und Ernst Bloch “Ein alter Topf” und damit über seine Suche nach den Vorläufern der Hermeneutik der Kultur. Seine Analyse ging dahin, dass diese frühen Texte, die sich auf verschiedene Arten mit Dingen und Materialität befassten, von der Archäologie nicht oder kaum rezeptioniert wurden – eine Aussage, der das Publikum eher widersprach.

Thomas Meier sprach über seine Kritik an der Erfahrungsperspektive, die davon ausginge dass Dinge ontologisch da seien und eine Existenz aus sich heraus besäßen und damit einen prädiskursiven Kern. Sein sehr philosophischer Vortrag traf auf einige Kritik aus dem Publikum, gerade was die Begrifflichkeit anging. Sein Hauptkritikpunkt richtete sich jedoch darauf, dass auch die heutigen Vertreter dieser Denkart wie Tilley und Latour keine logische Begründung dieser angenommen essentialistischen Materialität der Dinge lieferten. Er verband diese Gedanken mit dem westlichen Bild des Menschen und des Dinges als gegensätzliche Entitäten (verbunden mit dem Cartesischen Dualismus des res cogitans und res externa) und damit auch mit einer Kritik an der Annahme, dass Materialität auf eine bestimmte Art prämiert werde und damit der angesagte “material turn” eher ein rückwärtsgewandtes Gebilde sei, das Ideen des 19. Jahrhunderts fortschreibt.

Nach ihm sprach Stefan Schreiber über ein tatsächlich extrem kontroverses Thema: über die Annahme dass das Konzept des/der Cyborg als posthumanistischer Akteur (nach Haraway), der die Grenzen zwischen Ding, Mensch, Tier, Physikalischem und un-Physikalischem niederreißt, auch in der Archäologie Platz finden könne. Übertragen in die Ur- und Frühgeschichte und die Debatte um Materialität nutzte er diese Idee als mögliches kulturelles Gegenkonzept zur Verdinglichung und Diskriminierung vorgeschichtlicher Akteure jeder Couleur. Für ihn sinnvoll, da er diese Akteure als archäologisch nicht “vorbestimmt” und “zugeschrieben” wahrnahm, sodass die Möglichkeit bestünde alle vorgeschichtlichen Akteure als Cyborgs oder hybridisierende Darstellungen zu verstehen.

Philipp Stockhammer und sein Vortrag über Mensch-Ding-Verflechtungen näherten sich hingegen der archäologischen Realität der Funde mit einem realitätsbezogenen Ansatz: der Ansicht eines Dinges und seiner Verflechtungen (entanglements nach Hodder) mit dem Menschen anhand der Aspekte Materialität, Kontext, räumliche Verbreitung und Bedeutung und Macht. Anhand von einigen Annahmen von Latour bezüglich der Akteur-Netzwerk-Theorie und der Einbeziehung der Wandelbarkeit der Wahrnehmung der Objekte sowie der Objekte selber über die Zeit stellte der Referent dann auch die Frage nach der Wirkung dieser dinglichen Aspekte auf den Menschen und damit nach der Doppelbeziehung zwischen Mensch und Ding.

Am Nachmittag sprach dann Manfred Eggert über Objekte als Teil eines Ganzen (frei nach W.H. Riehl) und die Aura (frei nach W. Benjamin) der Originalobjekte. Vor allem die (Re-)Semiotisierung der Dinge in ihren unterschiedlichen Kontexten und die “unbegrenzte Semiose” waren Thema seines Vortrages, da sich die Dinge dem individuellen Betrachter immer wieder anders darstellen. Gleichzeitig stellte er die Frage nach der Redundanz des archäologischen Materials zumal für ihn im zentralen Mitteleuropa fast nur noch quantitative Materialzuwächse anstünden. Die Frage nach dem “Entsammeln” stellte sich. Und wurde heiß diskutiert – v.a. in den Aspekten der “Aura” des originalen und des “falschen/gefälschten”.

Schließlich sprach Hans Peter Hahn über Sammlungen als eigensinnige Orte. Seine zeitliche Verbindung der Entstehung der großen Sammlungen mit dem Aufkommen der großen Warenhäuser im 19. Jahrhundert und sein Vergleich der Behandlung der Objekte in beiden Orten stieß auf großen Diskussionsbedarf. Allerdings war sein Vergleich des Verlustes der Unmittelbarkeit der Dinge an beiden Orten überzeugend, verbunden mit einer kulturellen Definition des entsprechenden Objektes. Er sah Sammeln als tierische und menschliche Grundform und sprach ihm zu, dass Sammlungen Macht und Einfluss auf unser Weltbild haben – und als aktive Teilnehmer an der Schaffung von Weltbildern gelten können. Diese zeitlich und kontextuell wechselnden Interpretationen der Objekte stehen in Zusammenhang mit unserer eigenen Neubestimmung der Identität, wodurch Objekte (in ihrer Beziehung zum Sammler) durchaus auch eine Machtbeziehung entwickeln können. Durch die Festschreibung des “Andersseins” wird Alterität konstruiert, sodass auch ein Fremdbild kreiert wird, das wiederum mit unserem eigenen Selbstbild in Bezug steht. dies war für mich definitiv der entscheidende Part seines Vortrags, der noch einige andere Aspekte der Beziehung zwischen Sammler & Sammlung aufnahm.

Im Ganzen gesehen war es für mich so etwas wie eine Mega-Crash-Einführung in das Thema Materialität und seine theoretischen Grundlagen. Natürlich fehlte mir hier und da ein Nexus, dafür gab es sehr viel Input, Überlegungen und es hat sich einiges angesammelt, das begrifflich geklärt und nachgeschlagen sein will und Literaturverweise, die zumindest ansatzweise verfolgt werden wollen. Und ein Überblick über die Debatte über Materialität in der deutschsprachigen Archäologie.

Da meine Forschung bislang in Lateinamerika stattfand, wo eine völlig andere Fundlage herrscht als in Mitteleuropa, waren einige der angesprochenen Themen für mich fast völlig neu. Das Thema “Entsammeln” etwa – in meiner kaum erforschten Studienregion fast unglaublich, da jede neue Scherbe, jeder neue Fundort neue Aspekte und Interpretationen eröffnet. Weitere für mich spannende Schlagworte war etwa die Semiotisierung und Semiose, auch wenn diese hier in der Konferenz v.a. für den Museumsbereich angesprochen wurde.

Literatur, die ich weiterverfolgen werden:

Hodder: Entangled: an Archaeology of the relationships….

Heidrich, H.: SachKulturforschung

H.P. Hahn: Materielle Kultur u.a.

D. Miller: Der Trost der Dinge.

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